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Hinweis vorab (Transparenz): Dieser Text ist ein Meinungsbeitrag mit Verbraucherinformation. Er ersetzt keine Rechts‑, Medizin‑ oder Therapie­beratung. Genannte Namen dienen der Einordnung und beziehen sich auf öffentlich zugängliche Selbstdarstellungen. Wo Aussagen auf überprüfbaren Fakten beruhen, sind Quellen angegeben.

Dieser Text ist eine redaktionelle Meinungsäußerung und dient der allgemeinen Verbraucher­information. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und enthält keine Tatsachenbehauptungen zu individuellen Vorgehensweisen einzelner Trainerinnen oder Klientinnen.

Die Namensnennung erfolgt beschreibend anhand öffentlich zugänglicher Selbstdarstellungen; verbindliche Einordnungen erfolgen ausschließlich über zitierte Rechtsnormen/Leitlinien.“


Worum es geht

Der Markt für Selbsterkenntnis, Spiritualität und Coaching boomt. Viele Menschen berichten, sie fühlten sich nach Seminaren „energetisch“ – verständlich, denn Gruppendynamik, Emotionalarbeit und positive Suggestion können kurzfristig beflügeln. Problematisch wird es dort, wo Angebote implizit in den Gesundheitsbereich hineinragen oder wo Begleiterinnen mit unverarbeiteten Traumata ihrer Klientinnen konfrontiert sind – ohne dafür qualifiziert zu sein.


Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum – und ihr Selbstverständnis

  • Robert Betz (Transformations‑Therapie): Auf der eigenen Website wird bei der Liste der „Transformations‑Therapeuten & Coaches“ ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Angebot keine Heilkunde darstellt und keine ärztliche oder heilkundliche Behandlung ersetzt. Auch Telefonberatungen werden dort ausdrücklich nicht als Fernbehandlung im heilmittelwerberechtlichen Sinne verstanden. Robert Betz
    In der Ausbildungsbeschreibung heißt es zugleich, man vermittle „therapeutisches Wissen“; rechtlich wird aber klargestellt, dass diese Ausbildung weder medizinische, psychiatrische noch psychologische Ausbildung ist und nicht zur Ausübung von Heilkunde berechtigt. Robert Betz
  • Laura Malina Seiler (Rise Up & Shine University): Die Teilnahmebedingungen betonen, die Kurse können keine Therapie ersetzen; Voraussetzung sei eine psychische Stabilität, ggf. in Abstimmung mit Ärztinnen/Therapeutinnen. helpcenter.lauraseiler.com+1
  • Veit Lindau / Life Trust: In den Teilnahmebedingungen zur Coaching‑Ausbildung steht, dass die Ausbildung kein Ersatz für psychologische oder medizinische Heilbehandlung ist und stabile geistige Gesundheit voraussetzt. lifetrust-coach.com

Diese Selbstbeschreibungen sind wichtig – und konsequent. Sie zeigen: Die genannten Programme beanspruchen selbst nicht, Psychotherapie zu sein. Das Problem entsteht in der Praxis, wenn Absolventinnen solcher Ausbildungen mit Klientinnen psychische Erkrankungen oder Traumata bearbeiten.


Was rechtlich gilt – in Kurzform

  • Die Berufsbezeichnung „Psychotherapeutin“/„Psychotherapeut“ ist in Deutschland gesetzlich geschützt; wer unter dieser Bezeichnung Psychotherapie ausübt, bedarf der Approbation. Buzer
  • Daneben gibt es die Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz; auch diese regelt Heilkunde (Diagnose/Linderung von Krankheiten), ist jedoch keine akademische Psychotherapieausbildung. Gesetze im Internet+1
  • Der Begriff „Coach“ ist nicht geschützt; theoretisch kann sich jeder so nennen – was Verbraucherinnen Einordnung und Qualitätssicherung erschwert. Greator

Konsequenz: Wer ohne Approbation (und ohne Heilpraktikererlaubnis Psychotherapie) therapeutisch arbeitet, darf keine Heilkunde ausüben. Und selbst mit Heilpraktiker­erlaubnis fehlt häufig die strukturierte, supervidierte Traumatherapie‑Qualifikation.


Warum Arbeit an Traumata besondere Kompetenz verlangt

Die deutschsprachige S3‑Leitlinie Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) empfiehlt als Behandlung erster Wahl eine traumafokussierte Psychotherapie (z. B. TF‑KVT/EMDR). Sie betont strukturierte Diagnostik, Stabilisierung, partizipative Indikationsstellung und benennt relative Kontraindikationen (u. a. ausgeprägte Dissoziation, akute Suizidalität), die ein hohes fachliches Risikomanagement erfordern. AWMF

Das ist der Kern der Kritik: Kurzworkshops oder spirituelle Ausbildungen vermitteln solche Traumakompetenz, Kriseninterventions‑routinen und Supervision üblicherweise nicht. In der staatlich regulierten Psychotherapie gehören eigene Patient*innenbehandlungen unter Supervision (typisch: ≥600 Behandlungsstunden und ≥150 Stunden Supervision) zum Standard – genau, um Retraumatisierung und Fehlbehandlung zu vermeiden. APP KÖLN+2pia.forum Berlin+2


Sektenhafte Dynamiken? Woran man problematische Settings erkennt

Statt einzelne Anbieter pauschal zu etikettieren, lohnt der Blick auf Warnzeichen, die Beratungsstellen für „Psychogruppen“ beim Thema Coaching nennen: mangelnde wissenschaftliche Belegbarkeit, Abwertung kritischer Fragen, fehlende Schweigepflichtregeln, Gruppendruck, Geheimhaltungscodizes, unklare Krisenpläne oder Heilsversprechen. Solche Binnenlogiken können externe Korrektive schwächen und Abhängigkeiten fördern. sekten-info-nrw.de


Geschäftsmodell und Erwartungsschleifen

Viele Programme kombinieren emotional aufgeladene Erlebnisse (Euphorie‑„Hochs“) mit Folgebuchungen (Aufbauseminare, Zertifikate). Das allein ist nicht illegitim – es wird kritisch, wenn gesundheitliche Leiden adressiert werden, ohne dass Therapiestandards gelten oder Weiter‑/Rückverweisung ins professionelle System erfolgt. Die genannten Anbieter betonen formal, keine Therapie zu sein – in der Umsetzung kommt es aber genau hier auf klare Grenzen und verantwortliche Indikationsstellung an. lifetrust-coach.com+3Robert Betz+3Robert Betz+3


Konkrete Risiken für Klient*innen mit Trauma (Auswahl)

  1. Retraumatisierung: Unstrukturierte Konfrontation, fehlende Stabilisierung, triggernde Gruppenübungen. (Leitlinie fordert strukturierte, traumafokussierte Verfahren und benennt Kontraindikationen.) AWMF
  2. Krisen ohne Netz: Keine standardisierte Krisenintervention (z. B. bei Dissoziation, Suizidalität), keine Notfallpläne. AWMF
  3. Fehlende Supervision: Keine systematische Fachaufsicht, keine Qualitätssicherung über Falldokumentation und Supervisionspflicht. (In der regulierten PT‑Ausbildung Standard.) APP KÖLN+1
  4. Rollenverwechslung: Coaching driftet in Heilkunde ab (Diagnose/Behandlung), ohne rechtliche und fachliche Grundlage. Gesetze im Internet

Verbraucher‑Check: 10 Fragen vor Buchung von Coaching/Seminaren

  1. Wofür ist das Format geeignet – und wofür ausdrücklich nicht? (Braucht es psychische Stabilität? Gibt es Kontraindikationen?)
  2. Qualifikation: Welche staatlich anerkannten Abschlüsse/Erfahrungen liegen vor?
  3. Evidenz: Gibt es wissenschaftliche Belege oder nur Testimonials?
  4. Grenzmanagement: Klare Regeln zu Schweigepflicht, Datenschutz, Krisenintervention und Weiterverweisung?
  5. Reaktion auf Kritik: Wird Widerspruch sachlich aufgenommen – oder als „negative Energie“ abgewertet?
  6. Zeit/Raum: Genügend Pausen, Freiwilligkeit, jederzeitiger Abbruch ohne Druck möglich?
  7. Vertragliches: Gibt es Rechtshinweise (kein Heilversprechen, kein Ersatz für Therapie) – und werden sie ernst genommen?
  8. Supervision/Qualität: Wie werden die Begleiter*innen supervidiert?
  9. Kosten/Nutzen: Transparente Preise, keine Folgekauf‑Schleifen als Heilsversprechen.
  10. Rote Linien: Kein Diagnostizieren/Behandeln psychischer Erkrankungen durch Nicht‑Therapeut*innen.
    (Ergänzend empfiehlt Sekten‑Info NRW eine Checkliste speziell für Coaching‑Angebote.) sekten-info-nrw.de

Fazit

Spirituelle und coaching­basierte Angebote können motivieren, Perspektiven öffnen und Ressourcen aktivieren. Sie sind jedoch keine Therapie. Kritisch wird es, wenn Traumaarbeit ohne Approbation/Heilkundeberechtigung, ohne Traumakompetenz, ohne Supervision und ohne Krisenpläne stattfindet. Genau hier liegt das größte Risiko für betroffene Klient*innen. Ein fairer, verantwortlicher Markt erkennt diese Grenzen an – und stellt sicher, dass Menschen mit Trauma gezielt in qualifizierte Psychotherapie kommen. Buzer+1


Hilfe im Akutfall (Deutschland)

  • TelefonSeelsorge: 0800 111 0 111 • 0800 111 0 222 • 116 123 – kostenfrei, 24/7, auch Chat/E‑Mail. TelefonSeelsorge® Deutschland
  • Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 116 016 – 24/7, anonym und kostenlos (auch Beratung für Angehörige/Profis). Hilfetelefon
  • Nummer gegen Kummer (Kinder & Jugendliche): 116 111. Nummer-Gegen-Kummer

Quellen (Auswahl)

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